September 2005. Wieder einmal sind Ruth und ich unterwegs mit der Super Cub HB-OPH auf unserer Rennstrecke in den Süden.
Über den Forclaz Pass gehts vorbei am Mont Blanc Massiv, das schon mit erstem Schnee überzuckert ist.
Unsere erste Nacht verbringen wir in Carcassonne, das schon lange auf unserer Liste der zu besuchenden Städte stand. Selbstverständlich steht die Besichtigung der im UNESCO Weltkuturerbe verzeichneten mittelalterlichen Cité ganz zuoberst auf unserem Programm. Wir bestaunen die gewaltigen Burgmauern, flanieren durch die urtümlichen Gassen und versuchen uns vorzustellen wie hier das Leben wohl in der Vergangenheit ausgesehen, geklungen und gerochen haben mag.
Ganz besonders angetan haben es mir die herrlichen farbigen Glasfenster Basilika von Stainte-Nazaire.
Anderntags erklettern wir mit unserer Piper Super Cub die ersten Ausläufer der nahen Pyrenäen und überfliegen eine malerische Hochebene mit zwei kleinen Stauseen und einigen hübschen Touristenorten. Den sanften auf 1713 Meter gelegenen Col de Quillane nimmt man dagegen kaum wahr.
Gleich hinter dem Pass befindet sich der mehr oder weniger ebene Segelflugplatz Mont Louis auf 1710 Meter. Absolut rekordverdächtig, denn Samaden liegt bekanntlich nur auf 1707 Meter. Problemlos landen wir auf der rund 1000 Meter langen Graspiste. Allerdings wird dafür ein Gebirgspilotenausweis oder aber eine spezielle Platzeinweisung verlangt.
Sogleich wird der Platz und die nahe Umgebung unter die Lupe genommen…..
…. und dabei dieser herliche Bergsee gleich oberhalb des Platzes entdeckt. Er ist mit überaus fressüchtigen Forellen besetzt, und selbstverständlich kann in der Hochsaison Angelausrüstung gemietet werden. Im Winter dagegen ist man hier direkt an der Talstation eines kleinen Skigebietes.
Auch den Segelflugzeugen werden hier offenbar im Winter die Ski untergeschnallt. Für mich jedenfalls das erste mal, dass ich derartiges zu sehen bekomme. Die Homepage des Clubs aber beweist, dass dem tatsächlich so ist.
Nur ein kurzer Hüpfer ist es von Mont Louis vorbei am Spanischen Verwaltungsstätdchen Puigcerda ……
… zum Flugplatz La Cerdanya, wo wir auch dieses Jahr wieder als erstes Team eintreffen.
Der Platz hat nach sicher auch schon bessere Zeiten gesehen. Ein neuer Investor und Betreiber wird dringend gesucht. Währenddessen schauen hier wenigstens einige lokale Segelflieger nach dem Rechten.
Rolf Herrman Präsident der Deutschen Gebirgspiloten und unsere Gastgeber Marlies Campi und Angel Ibanez, sowie Hotelier und Piloten Kollege Jean-Pierre Royer (nicht im Bild) aus Chambery sind die einzigen, die gleichentags eintreffen.
Umso gemütlicher ist dann auch das gemeinsame Nachtessen im kleinen Kreis.
Am nächsten Tag treffen bei Nordstau und starkem Föhn im Tal weitere Piloten ein. Martin Skacel aus der Steiermark, unschwer zu erkennen, hat wieder einmal den weitesten Weg auf sich genommen. Obwohl es nur noch knapp 6 Grad hat, und der Wind mit 35 Knoten bläst, scheinen seine Hosen noch immer soviel Wärme abzugeben, dass er sich die Ärmel hochschieben musste.
An der Wärme im Innern des Empfangebäudes dagegen die Deutschen Gfröhrlie, Heinz Bittermann und Rolf Herrman.
Rolf Herrman’s neu bespannte Super Cub. Sie ist mit einem Longrange Tank ausgerüstet und kann nun bis zu 6 Stunden in der Luft bleiben.
Noch ein kurzer Blick auf Heinz Bittermanns Stinson. Heinz arbeitet seit Jahren für Lufthansa bei Airbus in Toulouse und gilt daher in den Pyreäen als Einheimischer.
Man schreitet zum offiziellen Teil und überfällt um 15.00 das nächstgelegene Restaurant. Nicht etwa weil wir selber Hunger haben, sondern weil wir das ohrenbetäubende Knurren der französichen Mägen nicht mehr länger ertragen können.
Nur 2 Manschaften wagen sich anschliessend bei 35 Knoten Wind, der böig diagonal zur Piste bläst, in die Luft. Martin Skacel mit mir in der OPH und Rolf Herrman mit seinem Sohn Klaus auf dem Rücksitz und an der Kamera.
Während wir in Cerdanya starken Föhn hatten, befinden wir uns hier nur einige wenige Kilometer südwestlich auf dem Altisurface von Ager offenbar unterhalb einer Leewelle, die zum Teil heftig abregnet, uns aber windmässig total in Ruhe lässt. Der Platz ist zudem durch eine rund 800 hohe Felswand vor dem Nordwind geschützt. Was folgte, ist ein überaus ruppiger Flug nach Castejon de Sos im Benasque Tal, welches mit seiner Nord-Süd Ausrichtung ein grosses Einfallstor für den herrschenden Föhn ist.
Dass davon keine Bilder existieren, möge man mir verzeihen. Ich hatte anders zu tun. Der Funkspruch des sehr erfahrenen Gebirgsselgflugpiloten Rolf Herrman nach dem Start im Tal und Hexenkessel, «das ist ja direkt zum Abgewöhnnen hier!» sagt so ziemlich alles.
Dass es auch vom gemeinsamen Abendessen anschliessend mit den inzwischen auf etwa 50 Personen angewachsenen Gruppe keine Bilder gibt, hat allerdings einen weitaus trivialeren Grund: die Kamera wollte mangels Strom nicht mehr.
Anderntags herrscht schon bald ein emsiges Treiben auf dem Flugplatz. Da die Pumpe defekt ist, muss das Avgas mit Kanistern aufgeüllt werden. Dass es im Windschutz eines Hangars um einges besser ginge, merken lange nicht alle Piloten. Dafür können sie bei Euro 1..– pro Liter (Marlies & Angel sei Dank!) das weggewehte Nass noch eingermassen gut verkraften.
Viele der Teilnehmer machen sich auf den Weg nach Hause und es gibt allenthalben herzliche Abschiedszenen. Hier Jean-Claud Ramon in seiner Beech Baron mit seinem unverbesserlichen: «Au revoir Monsieur FÜÜÜÜÜÜxx !»
Einige Flugzeuge aber richteten iher Nasen gegen Süden Überfliegen den gestauten Fluss Noguera Pallaresa, der gespiesen vom letzten verbliebenen Gletscher der Pyrenäen noch als einziger ein wenig Wasser führt. Die Schlucht ist uns ein guter terrestrischer Orientirungspunkt zum Anflug nach Ager.
Der Blick nach Süden zeigt, dass der Fluss hier noch ein weiteres mal gestaut wird. Dies beiden Seen sind wirklich die letzten Wasserreserven hier in Spanien weit und breit in diesem extrem trockenen Sommer 2005.
3 Minuten später führt der Erkundungsflug über Ager vorbei am berühmte Wallfahrtskapellchen, das Über dem Landeplatz trohnt.
Schon sind wir im Final, nur noch über die Obstbäume müssen wir uns schwingen. Ager ist aber mit rund 400 Metern und etwa 8% Gefälle kein wirklich schwieriger Platz.
Buntes Stelldichein von Flugzeugen und Gleitschirmen in Ager.
Rassige Spanierinen?
Die ganze Gebirgspiloten Bande.
Im nächsten Leg überfliegen wir die fruchtbaren Ebenen südlich der Pyrenäen in der Gegend um Lerida.
Ohne künstliche Bewässerung ginge hier allerdings gar nichts.
Bald einmal drehen wir in den Final zum UL Platz Can Piral ein. Die Piste besteht lediglich aus gestampfter Erde. Frequenz auf allen UL Plätzen 130.12
Nebst unsern Fliegern stehen eine ganze Anzahl von ULs auf dem Platz, der zum Biobauernhof der Familie Pirla gehört. Offenbar platzen wir mitten hinein in ein grosses Familenfest.
Doch der Chef des Pirla Clans hier mit Marlies Campi begrüsst uns herzlich und lädt sofort alle ein am Fest teilzunehmen. «Bei mehr als 80 Gästen heute hätten die paar Piloten sicher auch noch Platz.»
Das lassen sich hungrige Piloten nicht zweimal sagen, und so nehmen wir unbescheiden eine Ecke des grossen Festraumes, in dem sonst allerlei Früchte gelagert werden, in Beschlag. Zu Essen gibt es mehr als reichlich und bald schon wissen wir nicht mehr wohin mit all den Köstlichkeiten.
Wasser kann ja jeder saufen, sagen sich wohl die unsere Französischen Pilotenkollegen ….
Der Abschied ist herzlich und nebst lustigen Segelfliegerhüten ….
…. werden unsere edlen Körper auch noch in edle Tücher gehüllt.
Pirla entwindet diesem kleinen Frosch an der Hauswand noch endlos viele Sangria, nur so zur Sicherheit, damit die Piloten auf seiner Piste auch ordentlich abheben können.
Während sich fast alle aus dem Staub machen, bleiben wir (Marlies, Angel, Martin, Ruth und ich) im hübschen Städchen über Nacht und staunen nicht schlecht, als am Morgen unser Hotelzimmer schon bezahlt sind von der Gemeinde Alcolea. Ein herzliches Dankeschön dafür und für die erneute abendliche Bewirtung durch die Familie Pirla!
Anderntags fliegen Ruth und ich zum einmaligen Benasque Tal und landen auf der Piste, die Marlies und Angel auf 50 Jahre gepachtet haben. Dieser Platz ist wirklich nur für starke STOL Flugzeuge geeignet, denn rundum gehts tausende Meter in die Höhe.
2 Tage wollen wir noch hier bleiben. Eine Art verspätete Hochzeitsreise, wie man sie eigentlich alle Jahre wiederholen sollte.
Wir dürfen unser Flugzeug in Marlies und Angel’s neuem Hangar abstellen ….
… und auch unsere eigene Unterkunft ist alles andere als bescheiden.
Zum Essen fahren wir fast zum Ende des herrlichen Tales, wo uns auf 1500 Meter dieses mit viel Liebe und Aufwand restaurierte
Hospiz erwartete. Llanos del Hospital
Auch im Innern edle und dennoch rustikale Eleganz.
Nach einem ausgezeichneten Essen, wagen wir
uns noch weiter ins Talesinnere. Und während Angel sich seine Siesta gÖ^önnt ….
…. steige ich ein paat hundert Meter auf, um einen Blick auf den einzigen verbliebenen Gletscher der Pyrenäen am Berg Aneto 3408 Meter zu werfen.
Tags drarauf starten wir wiederum gegen Süden. Vor uns also die enge Schlucht, die das Tal so romantisch von der grossen bösen Welt da draussen abschliesst.
Wir wenden nach Norden und fliegen das Tal hinauf vorbei am See von Benasque …
…. und auch vorbei am Skigebiet des Benasque Tales.
Bald einmal werden die Zacken schroffer, der Aneto kommt in Sicht.
Et voilà , da liegt er vor uns, der letzte Rest der Pyrenäengletscher, der Gletscher des Aneto.
Wir schlagen einen westlichen Kurs eine und fliegen an typischen Formationen der Pyrenäen vorbei. Das Gebiet ist im Sommer extrem thermisch aktiv und daher von Segelfliegern gerne besucht.
Als Standort von Lagern bietet sich Beispielsweise neben Cerdanya auch der Platz Santa Cilia de Jace an. Er liegt mitten in dieser breiten aber überaus heissen Hochfläche.
Auf dem Platz sind nebst Segelfliegern auch ein paar Fallschirmspringer daheim. Allerdings ist nicht viel los und auch hier droht dem neusten Betreiber bald wieder finanzielles Ungemach.
Wir werden zwar freundlich bedient, aber eher umständlich. Von allen unseren Dokumenten werden Fotokopien gemacht, und der Avgas Preis ist absolut rekordverdächtig.
Da geht’s zurück in Castejon dann wieder sehr viel einfacher zu und her. Wir sind völlig alleine am Platz und ein überaus guter Geist (wozu sonst, hat man Beziehungen?) hat uns sogar sein 4 rädriges Gefährt zur Verfügung gestellt, das wir für eine kleine Spazierfahrt in die Berge nutzen dürfen.
Tagelang könnte man hier herumwandern und immer wieder neue romantische Landschaften und pitoreske kleine Weiler entdecken. Die spezielle Ambiance der Pyrenäen hat uns endgültig gefangen.
Leider könne wir nicht für ewig bleiben und müssen auch wieder nach Hause fliegen, doch diesen Platz und sein Tal werden wir in bester Erinnerung behalten und sicher werden wir bald wieder hierher zurückkehren spätestens aber, wenn Marlies und Angel ihr neues Clubhaus am Rande der Piste fertig gebaut haben.
Hans Fuchs